….. und plötzlich ist es da – das Alter

Von Markus Leser

Nun beschäftige ich mich also seit meinem 26. Lebensjahr beruflich mit dem Thema «Alter» und auf einmal, nach 37 Jahren, betrifft es mich persönlich. Es geschah in den Ferien in Frankreich; meine Frau und ich waren auf den Spuren bedeutender Maler unterwegs, und dies führte uns in verschiedene Museen. An einer Museumskasse wurde ich - für mich überraschend – gefragt, ob ich schon 65 sei. Knapp verfehlt, ich bin erst 63. Mit 65 hätte ich ein Anrecht auf eine Seniorenermässigung gehabt. Das letzte Mal, als ich Ermässigungen abholen konnte, war mit meinem Studentenausweis, und das ist lange her. Man scheint es mir anzusehen, dieser Herr könnte schon 65 sein.

Seit klar ist, dass meine Pensionierung nun unaufhaltsam näher rückt, beschäftigen sich noch weitere Kreise mit mir. Mein Briefkasten ist voller Werbesendungen, die mir ein tolles Leben in Freiheit versprechen, Banken buhlen um Vermögensverwaltungsmandate und Reisebüros preisen Kreuzfahrten an. Dabei war ich noch nie auf einem Kreuzfahrtschiff und werde es wohl auch nie sein. Irgendwie scheint sich in der gesellschaftlichen und auch in der unternehmerischen Welt der Gedanke durchgesetzt zu haben: ein Rentner gehört auf ein Kreuzfahrtschiff. Sie merken es: es geht um Geld. Mit Rabatten kann man es einsparen, mit zusätzlichem Konsum wieder ausgeben. Zwischenfazit: man wird 65 und zu einer Art gesellschaftlicher Konsumfaktor.

Und wie geht es weiter? Wenn wir dann dereinst im hohen Alter angekommen sind, dreht sich erneut alles ums Geld, nur weht der Wind dann aus einer anderen Richtung. Zu teuer sei das alles, vor allem dann, wenn wir Babyboomers erst einmal in einer Pflegesituation angekommen sind (was niemand hofft). Plötzlich wird man wird zum Kostenfaktor.

Konsumfaktor und Kostenfaktor scheinen die Pole mancher gesellschaftlichen und politischer Diskussionen zu sein. Es liegt auf der Hand, das genügt nicht. Es wird an unserer Generation liegen, das Alter so zu positionieren, dass die Vielfalt sichtbar wird – mit all ihren Licht- und Schattenseiten. Aus meiner Sicht wird Alter heute noch immer viel zu einseitig betrachtet. Da gibt es noch Optimierungspotential. Vor allem sind wir gut beraten, wenn wir zu einer Differenzierung, der noch immer vorherrschenden Stereotypen älterer Menschen beitragen.

Und nun wieder zurück zum Anfang meines kurzen Beitrages. Ich freue mich auf die bevorstehende Pensionierung und die Ermässigungen. Und auf den nächsten Wink des Alters, der mich dann wieder persönlich berühren wird. Momentan warte ich noch darauf, dass mir jemand im Zug oder Tram einen Platz anbietet. Das ist bislang noch nicht passiert. Warten wir’ s ab, das Alter.