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Generationenkonflikt oder Zukunftsallianz? Auf der Suche nach einem neuen Koordinatensystem

Von Matthias Mölleney 

Alles verändert sich - das war schon immer so. Doch was wir heute erleben, fühlt sich anders an. Schneller. Zerbrechlicher. Technologischer Fortschritt, globale Krisen und gesellschaftliche Trends prägen unsere Zeit. Wir hören jeden Tag gegensätzliche Standpunkte und Meinungen - aber wir erkennen nicht mehr, was uns verbindet. Stattdessen konzentrieren wir uns darauf, was uns trennt. Was uns abhanden gekommen ist, ist ein Koordinatensystem, das uns durch die Verbindungen zwischen seinen Punkten Orientierung gibt.

Auch die Generationen haben ihre Verbindungen verloren. Früher galten die Älteren als Bewahrer von Erfahrung und die Jüngeren brachten neue Ideen ein. Heute scheint jede Generation vor allem sich selbst zu optimieren:

    • Die Älteren versuchen der Zeit zu trotzen – mit Anti-Aging und der Weltreise im Wohnmobil. Sie definieren sich neu und lösen sich von traditionellen Bildern des Alterns.

    • Die Jüngeren fokussieren sich auf Work-Life-Balance, streben nach Selbstverwirklichung. Nachhaltigkeit und Ideologien werden hoch gewichtet – doch oft fehlt Verbindlichkeit. 

Beide Ansätze haben ihre Berechtigung. Doch wir vergessen, dass alles mit allem zusammenhängt – eine Erkenntnis, die der Physiker und Philosoph Carl-Friedrich von Weizsäcker formulierte.

Ein gutes Koordinatensystem könnte entlang der folgenden Leitlinien Orientierung bieten:

    1. Verbundenheit statt Spaltung
Wir müssen lernen, wieder Verbindungen zu sehen - zwischen Menschen, Generationen und Ideen. Unterschiedliche Perspektiven sind kein Problem, wenn wir sie nicht als Trennung, sondern als Ergänzung begreifen.

    2. Werte als Kompass
Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit, Respekt und Verbindlichkeit könnten zentrale Pfeiler dieses Koordinatensystems sein. 

    3. Die Weisheit der Älteren neu definieren
Wir Älteren sollten nicht als «Bremse» für den Fortschritt wahrgenommen werden, sondern als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. 

    4. Dialog statt Dogma
Feste Meinungen können Orientierung bieten, werden aber schnell zu Barrieren, wenn sie ideologisch sind und wenn sie nicht hinterfragt werden. 

Wir Älteren könnten in diesem Koordinatensystem eine gestaltende Rolle spielen – aber bitte nicht als belehrende Instanz, sondern als Begleiter und Impulsgeber. Es geht nicht darum, den Jungen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben, sondern darum, ihnen Werkzeuge und Perspektiven anzubieten, mit denen sie ihre eigene Zukunft gestalten können. Und Zukunft braucht eben auch Herkunft.

Ich möchte:
    • Geschichten teilen: Erfahrungen weitergeben, die nicht belehren, sondern inspirieren. Die Jungen brauchen keine Rezepte, sondern echte Geschichten über Scheitern und Erfolg.

    • Begegnungen fördern: Gelegenheiten schaffen, an denen Generationen ins Gespräch kommen, Ideen austauschen und miteinander lernen können.

    • Vorleben statt predigen: Verantwortung, Nachhaltigkeit und Werte sichtbar vorleben - im Alltag und im Beruf.

    • Verbindlichkeit stärken: Wir Älteren könnten wieder verbindlicher werden, denn Verbindlichkeit gehört dazu, wenn man etwas verbinden will.

Ein zukunftsfähiges Koordinatensystem entsteht im gemeinsamen Dialog und in bedingungslosem, gegenseitigem Respekt. Wir Älteren haben dabei die Aufgabe der  Brückenbauer, die Wissen und Werte weitergeben, ohne den Wandel aufzuhalten. Es ist an der Zeit, dass wir wieder erkennen, was uns verbindet. Denn Veränderung ist normal. Orientierung ist es auch - wenn wir den Mut haben, sie gemeinsam neu zu gestalten.

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