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Konflikte der älteren Generation

Im gut besetzten Stadtkeller stand anlässlich von «Kultur am Mittwoch» das Thema Alter und insbesondere die Altersdemenz im Mittelpunkt. Von ihrem Alltag berichtet haben Miranda Rietman und Daniel Mignot.

Bild: Jungfrau Zeitung / Rabea Grand

Was ist «alt»? Mit dieser Frage startete Sabina Stör das Gespräch zum dritten Teil der Begegnungen unter dem Motto «Näher dran». Alt sein, ein Begriff, der unterschiedlich interpretiert wird – so auch von den beiden Gästen Miranda Rietman und Daniel Mignot. Während für Mignot als Kind die eigene Grossmutter als alt erschien, hatte Rietman lange keine Vorstellung, was oder wer für sie als alt gilt. Die Pensionierung sei jedoch sicherlich ein Schritt in Richtung «alt».

Wertschätzung noch gering

Pensioniert sind auch die beiden anwesenden Gäste bereits. Ihr Alltag ist aber unterschiedlich gefüllt. Daniel Mignot ist bei Innovage tätig und versucht, seine Erfahrungen und sein Wissen gemeinsam mit anderen pensionierten Personen unentgeltlich und generationenübergreifend an die Leute zu bringen. Miranda Rietman hat in den letzten Jahren ihren Mann gepflegt, der an Alzheimer erkrankt war und mittlerweile verstorben ist. «Wenn du deinen Mann pflegst, hast du keine andere Beschäftigung mehr. Nun, nach seinem Tod, muss ich mich wieder neu ausrichten und etwas Neues finden», erläutert Rietman im Gespräch mit Sabina Stör.

Die Wertschätzung für Freiwilligenarbeit im Alterssegment sei in der Gesellschaft noch gering. Gerade unter älteren Leuten sei die gegenseitige Unterstützung oftmals zu wenig beliebt, so Mignot. Die Reaktionen auf seine Arbeit seien jedoch meistens positiv, gerade weil das Unternehmen Innovage generationenübergreifend arbeitet.

Ein harter Kampf

Ähnlich in Sachen Wertschätzung war es in den letzten Jahren auch für Rietman. «Du musst täglich kämpfen, wenn du jemanden mit Alzheimer betreust. Familie und Bekannte unterstützen dich zwar, viele empfinden den Aufwand jedoch als Selbstverständlichkeit», so Miranda Rietman. Dass nebst der Betreuung des Kranken auch noch der administrative Teil wie das Ausfüllen verschiedenster Formulare dazu gehöre, gehe oftmals vergessen.

Beim Ehepaar Rietman sei es nach der Diagnose Alzheimer nicht immer einfach gewesen. «Du spürst die Veränderungen und hast eine Ahnung, willst aber nicht zugeben, dass etwas nicht gut ist». Nach der Diagnose müssten Betroffene und Angehörige mit der Krankheit leben lernen, vorbereiten könne man sich aber nicht darauf. Eine wichtige Rolle spielte für die Bönigerin der Austausch mit anderen Betroffenen im sogenannten «Angehörigentreff». Für viele sei es eine grosse Überwindung, sich mit seinen Problemen an jemand anderen zu wenden. Doch genau dieser Schritt würde gerade in schwierigen Situationen und Momenten immens weiterhelfen.

 

Wenn ein einfaches «Wie gehts?» reicht

Nicht einfach ist die Institutionalisierung von nötigen Hilfen. Daniel Mignot von Innovage könnte sich durchaus vorstellen, auch für die Betreuung von Demenzkranken ein Konzept zu erstellen. Denn in einigen Situationen braucht es nicht viel. Ein kurzes «wie gehts dir?» helfe in vielen Momenten schon weiter. Wichtig war es für Rietman aber vor allem, mit der Diagnose ihres Mannes offen umzugehen: «Das macht vieles einfacher».

Zeit für sich alleine hat sie in den letzten Jahren aber selten gefunden. Die Tage, an denen ihr Mann nicht zu Hause war, hat sie mit Hausarbeit verbracht. Oft hätte es durch die Krankheit sehr schwierige und traurige Momente gegeben, aber auch das Gegenteil sei mehr als einmal vorgekommen: «Es gab viele Situationen, die gut getan haben. Ein Lächeln meines Mannes reichte als Wertschätzung aus», denkt Rietman im Gespräch mit Stör an die Zeit zurück.

Die Zahl der Demenzkranken wird gemäss Studien steigen, die Gesellschaft wird immer älter. Eine Musterlösung im Umgang mit dem Alter und den altersbedingten Krankheiten zu finden, ist weder einfach noch möglich. Einig sind sich die Besucher von «Kultur am Mittwoch» aber: Von Krankheitskategorisierungen sollte abgesehen werden, und schon den Kindern sollte der Umgang mit der älteren Generation, auch wenn sie krank sind, nahegelegt werden.

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